Hermann Kempf 
- Budje Hermann -

~ Nie wieder Krieg,
  nie wieder Faschismus ~

KZ-Esterwegen "Börgermoor"

Entlassungsschein 

Unterschrift Lagerkommandat:

Linnenmann

Ausschnitt aus Hermann Kempf:   Erinnerungen

Vom preußischen Kommiß bis ins KZ Esterwegen

Abschied von Freiendiez (Gefängnis)

........."Der Abschied von Freiendiez kam und wir mußten an dem Hauptwachtmeister vorbei, um uns zu verabschieden. Es klingt unglaublich,  aber  es ist dennoch wahr, diesem Beamten wurde der Abschied schwer und er konnte die Tränen nicht unterdrücken, als er uns die Hand reichte. Im KZ-Lager habe ich oft an dieses Vorkommnis gedacht; wie dieser edle Mensch sich um uns sorgte. Der Hauptwachtmeister war mehr ein Philosoph, ein vorbildlicher Mensch mit einem aufrichtigen, edlen Charakter. Auch der katholische Pfarrer des Zentralgefängnisses Freiendiez war ein bewußter Gegner des Nazismus.....

Wir wurden in Marsch gesetzt. Unterwegs nahmen viele Passanten gegen die in unseren Reihen mitmarschierenden Separatisten eine drohende Haltung ein. Die Wachmannschaft hatte Mühe und Not, uns vor den verbitterten Menschen zu schützen. So bestiegen wir in Freiendiez den Schuppwagen, der uns ins Moor, in das Konzentrationslager Esterwegen, bringen sollte.

Wir waren mit zweihundert Häftlingen in diesem Sonderzug. Als Bewachung hatte man uns Frankfurter Polizei mitgegeben. Diese Beamten waren im allgemeinen zu ertragen, bis auf den, der in unserem Abteil die Wache hatte. Polizei-Oberwachtmeister N....... denunzierte mich und schlug bei der Übergabe an die SS als Einzelner auf wehrlose Gefangene ein. Der Name dieses Polizisten ist mir unvergeßlich geblieben. Es gelang mir durch Zufall, nach 1945 ein Bild von der Polizei-Begleitmannschaft zu erhalten. Unter dem Schild "Bahnhof Dörpen" war das Foto von Gegnern des Hitler-Regimes von den gleichgeschalteten Polizisten arrangiert worden. Der Polizeipräsident von Frankfurt half mir, diesen Nazi-Polizisten ausfindig zu machen."                                                          internal://6ce3c74d-96b4-4133-a94f-fa7a9579b1ea  (siehe 1949 Schreiben an Polizeimeister a.D. Herr N...)

In seinen weiteren Ausführungen wird geschildert, wie Hermann Kempf sich mit diesem Polizisten über seine Kriegserlebnisse und seine Ausbildung beim preußischen Kommiß unterhielt. Hermann Kempf informierte ihn, wie er beim Kommiß (miß)(be)handelt wurde und beinahe im Rhein ertrunken ist. Diese Erfahrungen so betonte Hermann Kempf, seien maßgeblich für seine spätere politische Einstellung geworden und ohne diese wäre er heute sicherlich nicht in diesem Abteil.

"Die Gefahr, die mich umlauerte, hatte ich nicht erkannt und offen alles gesagt, wie es sich früher zugetragen hatte.

Es kam nun die Endstation Bahnhof DÖRPEN bei Papenburg an der Ems. Ein Bahnhof von Wald umsäumt, wo die SS die ganze Nach auf uns gewartet und durchgezecht hatte. Hier genügte der Anblick der schwer bewaffneten SS, der bissigen Hunde usw. L......., ein Förster aus Köln-Dünewald, rief, als der Zug kaum gehalten hatte: "Habt Ihr auch Juden und Bonzen dabei?"    "Jawohl," sagte der Transportführer, "wir haben sogar einen Mann, der ist beim Militär geschlagen worden!"

"Rauskommen der Kerl, den machen wir gleich fertig!"

Ich übergab meine Brieftasche und mein Portemonnaie und die anderen Habseligkeiten schnell an meine Kameraden und stieg aus. 

Die SS stand im Halbkreis um mich und SS Führer L..... erklärte: "Mit diesem Kerl geschieht etwas besonderes, der kommt in den Himmel, der bekommt heute noch seine Himmelfahrtsbescheinigung, aber auf eine besondere Art. - Alle Häftlinge raustreten!"

Im Marsch ging es über die Bahngleise in den Wald, wo wir Aufstellung nehmen mußten. Wir mußten singen: "Alle Vögel sind schon da, alle Vögel, alle" und "Nun ade, du mein lieb Heimatland, lieb Heimatland, ade".

Was sich während des Gesanges ereignete, ist in seiner ursprünglichen Grausamkeit nicht wiederzugeben.

"Wollt ihr singen, ihr sollt singen, daß sich die Bäume biegen!"

und die Gewehrkolben der SS taten ihr Übriges.

Über uns kam ein Strafgericht, es gab keine Brillenträger mehr, nur eingeschlagene Gebisse und Nasenbeine bei denselben.   ......."
 

Das Lied der Moorsoldaten

Im Jahre 1933 gedichtet und getextet von Insassen des KZ ESterwegen. Ur-Aufführung anläßlich einer Vorstellung der KZ Insassen vor den SS Wachmannschaften. Nach Diskussion unter den Insassen ob die SS überhaupt mit Darstellungen unterhalten werden sollte, wurde entschieden den "Circus Konzentrani" auftreten zu lassen. Auch um zu zeigen und zu demonstrieren "Wir lassen uns nicht unterkriegen". Die SS war von dem Lied so begeistert, dass sie den Refrain nachher mitgesungen haben. Zwei Tage später wurde das Lied verboten. 

Rausgeschmuggelt und in 1935 neu vertont wurde das Lied ein Zeichen gegen den Faschismus.

Der Fall 
Heinrich 
Freitag

 

 

Der nachstehend beschriebene Fall ist entnommen aus dem Buch "Erinnerungen" und dokumentiert die abscheuliche Behandlung der Gefangenen im KZ Esterwegen durch ihre Bewacher, aber auch die Kameradschaft unter den Gefangenen.

Bild aus der Gedenkstätte Esterwegen (Bildmitte mit Pfeife Hermann Kempf)

https://www.gedenkstaette-esterwegen.de/

 

Der Fall Heinrich Freitag

"Der Fall Heinrich Freitag aus Steeden bei Limburg, einem Sozialdemokraten, wird allen, die im Lager III waren, unvergessen bleiben. Ich (Anm. Hermann Kempf) kannte Heinrich durch die Gefängnisbeamten in Freiendiez. Er war als Sozialdemokrat und als Kassierer der Gewerkschaft, aber auch als gläubiger Christ in seiner Heimat bekannt und allgemein beliebt. Da mir die Beamten des Gefängnisses Freiendiez alle bekannt waren und mich beim Einzelspaziergang oftmals trotz Verbotes ansprachen, wurde mir der Fall "Freitag" berichtet.

In Steeden, in einer Gaststätte, trug sich folgendes zu:

Der Sohn von Heinrich Freitag und ein SA-Mann hatten gemeinsam gezecht und waren in Streit geraten . Schließlich begibt sich der Vater Freitag auf den Weg, um seinen Sohn heim zu holen. Der SA-Angehörige springt Heinrich Freitag an die Kehle und schnürt ihm die Luft ab. Heinrich Freitag greift in seiner Not in die Tasche und holt ein Messer heraus, um sich von dem Würgegriff zu befreien. Unabsichtlich sticht er in die Lunge, woran der SA-Mann verstarb. Die Strafkammer ging von "Überschreitung der Notwehr" aus und verureilte Freitag, der damals über 60 Jahre und asthmaleidend war. Er wäre bei dieser Auseinandersetzung sicher zu kurz gekommen, hätte er sich nicht mit dem Messer gewehrt.

Machtübernahme Hitler

Bei der Machtübernahme Hitlers wurde Freitag in Schutzhaft genommen. Im Esterwegener Lager III wurde er am 15. Sept. 1933 windelweich geschlagen, bekam die Zähne eingehauen, die Augen waren verschwollen und fast zu und das ganze Gesicht war grün und blau. Mit dem Karabinerkolben hatten die SS-Schergen ihn furchtbar zugerichtet. Seine Füße waren geschwollen von Kolbenhieben und schlägen mit dem Ochsenziemer. Trotzdem war der Misshandelte "arbeitsfähig" und hatte Sonderbehandlung durch die SS. Man hatte ihm ein großes Plakat umgehängt: "Ich bin ein Mörder". Am linken Arm wurde ebenfalls die Aufschrift "Mörder" eingenäht. Das Plakat und auch die Arm-Kennzeichnung mußten auf Anweisung der SS stets peinlich sauber sein......"

Durch den Einsatz von den Mitgefangenen u.a. von Hermann Kempf überlebte er, obwohl er nach wie vor unter heftigsten Schikanen leiden musste (u.a. wurde er in tiefe Moorgräben gestoßen und Hunde rissen ihm die Kleider vom Leib, abends wurde er in den berüchtigten Bunker geführt und man warf ihm einen Strick hin, zeigte ihm auch gleichzeitig die Munition, welche er am nächsten Tag erwarten würde) . Die SS konnte jedoch davon überzeugt werden, dass es sich lediglich um eine Wirtshauskeilerei, gehnadelt hat und ließ von dem Vorhaben ab, ihn zu töten. Er wurde zu Ostern 1934 entlassen und ist zwei Jahre später an den Folgen der furchtbaren Folterungen und der seelischen Qualen gestorben. 

Sein Sohn berichtete später, er hätte stets von Hermann Kempf gesprochen, der ihm das Leben gerettet habe. 

Bestätigt wird dies alles unter anderem durch ein Schreiben des hessischen Landtagsabgeordneten Paul Krüger, aus dem Oktober 1949.

Zitat:     "Im Lager lernte ich Hermann Kempf als einen guten Kameraden und unerschütterlichen Antifaschisten kennen, der mit uns gemeinsam dafür Sorge trug, in vielen Fällen, wo es uns möglich war wir,  Kameraden vor der Tötung oder Missachtung zu schützen.In besonders guter Erinnerung ist mit der Fall des alten Kollegen Heinrich Freitag, der in das Lager unter dem Verdacht der Tötung eines SA Mannes im Westerwald einge­wiesen und aus diesem Grunde täglich schweren Misshandlungen durch die SS ausgesetzt war. Es gelang uns -hier unter der besonderen Mitwirkung des Kameraden Kempf - Freitag vor der Ermordung oder dem Selbstmord, zurückzuhalten."

 

 

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